Der Fischverbrauch der Mönche während der Fastenzeit, die Speisekarte aus dem Kloster Ottobeuren sowie am Hof läßt uns heute staunen. Und was aßen eigentlich die armen Ritter?
Klerus und Adel aßen standesgemäß, wenn es sich nicht gerade um verarmte Adlige oder herunter gewirtschaftete Klöster handelte:
„Fressen und Saufen ist eine Hauptbeschäftigung dieser Herren“ (so ein Engländer 1794). Unterm Strich also: Der oberschwäbische Mönch einer Reichsabtei darbte nicht, der Niederadlige oft, der Hochadlige nie, der Bauer immer, der Bürger selten.
Die Mönche mussten – bei teilweise harter Arbeit – die zwei großen Fastenzeiten im Advent und vor Ostern überwinden: drei Abstinenztage, das heißt fleischlose Tage, pro Woche (montags, mittwochs und freitags). Wen wundert’s, wenn aus dem Reh ein Wassertier wurde1)?
Die vielen Klosterweiher in Oberschwaben bezeugen einen gewaltigen Fischverbrauch: 1768 verspeiste man in Ochsenhausen
Obwohl die Obrigkeit das Maßhalten preiste, erinnert dies eher an höfische oder gar fürstliche Mahlzeiten. Die Speisekarte aus dem Kloster Ottobeuren ist kaum zu bewältigen. Die Patres wählten das aus, auf was sie gerade Appetit hatten, so z. B. an einem Dienstag irgendwann im September 1761:
Fehlen noch die Gerichte vom Kalb, von der Ente, der Gans, von Vögeln2) und der Wein3). Da konnten die Mönchen sorglos beten: „Vivat, es lebe der Prälat, der Herr segne ihn fürder, wahrlich, er hat einen herrlichen Tisch“.
1) Der Klosterjäger der oberschwäbischen Abtei O. lässt das soeben erlegte Reh geschickt in einen der Klosterweiher gleiten, schwenkt es artig hin und her und zieht es vorsichtig wieder heraus. Dies ist mitnichten eine Taufe, sondern der eigentümliche Versuch, aus dem Wild- ein Wassertier zu machen, das dann genüsslich an fleischlosen Tagen mit ruhigem Gewissen gegessen werden kann.
2) So in Ochsenhausen: 1552 halbe Vögel, 142 ganze Vögel, 344 Lerchen. Die Singvögel wurden systematisch in so genannten Vogelgärten mit Hilfe von Leimruten gefangen. Aus dem Prämonstratenserkloster Obermarchtal sind solche Vogelgerichte überliefert; verkürzt lauten zwei Zubereitungsarten:
Oder:
3) Pro Tag gestattete man Wein Ulmer oder Biberacher Maßes“, das waren ca. 1,5 Liter:
Von einem oberschwäbischen Kloster wird 1791 berichtet: „Der Wein erheiterte alle Gemüter, besonders freuten sich dessen die mit großem Umfang begabten, zum Teil wie Kupfer gemalten rot- und schwarzzottigen Kapuziner, deren geistlose Augen weintrunken und stier auf den Tisch glänzten.“
Quellen:
Michael Barczyk, MG(KB) © 09/2014 (04/2013)
Weitere Informationen:
Kaum zu glauben, arme Ritter gab nicht nur als Gericht, seitdem ihr Heldenruhm Ende des Mittelalters verblasste. In der unfreundlich kalten Burg aß der Niederadel oft so wie der reiche Bauer:
Dazu tranken die Ritter Speth, Schenk, Landau oder Hornstein – um einige zu nennen – stark gewürzten Wein aus der Heimat. Ab ca. 1600 selbst gebrautes schwarzes Weißbier, heute dunkles Hefeweizen. |
Ganz anders beim Hochadel, also vom Reichsgraf an aufwärts (Markgraf, Fürst, Erzherzog): frei nach dem Motto "man isst, was man ist" (etwas Besseres) strebten die Schlossköche von Scheer, Wolfegg, Waldsee, Tettnang oder Zeil nach Höherem:
Bei einem Galadinner gab es neben dem Küchenmeister und Schwarm von Ober- und Unterköchen
Aber wozu brauchte man denn die Handwerker? Sie mussten Tafel und Speisen so herrichten, dass ein Gesamtkunstwerk entstand z.B. beim berühmten Friedensessen zu Nürnberg 1649
Je ausgefallener das Gericht anmutete, desto besser1):
Getrunken hat der Hochadel ausschließlich qualitativ hochwertigen Wein wie der Klerus (der ungarische Tokajer war das i-Tüpfelchen). Den heimischen Weinvom Bodensee ließ man den Leibeigenen zum Frühschoppen am Sonntag.
Der Café und das „Tabaktrinken“ (Rauchen) kamen auf bei Musik von Haydn und Mozart, die beide in Oberschwaben sehr beliebt ware.
1) Und dennoch: Der Sigmaringer Fürst stromerte beim Kongress 1815 so lange in Wien herum, bis er ein Beisl (=Beiz) gefunden hatte mit Kässpätzle auf der Karte.
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